Wer von euch hat schon mal in einer Brauerei übernachtet? Dazu noch in der höchsten Kleinbrauerei Europas? Kurz mal Hand heben! Kaum einer? Wir auch nicht. Zeit also, die Zahnbürste, Durst, dicke Socken und Freunde einzupacken, um auf dem Weg nach oben ganz nebenbei das UNESCO-Weltnaturerbe der Dolomiten zu entdecken.

Egal wie man es macht, hier macht man es richtig! Mehrtägige Hüttentouren lohnen sich im Naturpark Fanes-Sennes-Prags genauso wie kurze Halbtagesausflüge, egal ob in Wanderschuhen oder auf dem Fahrrad. Das UNESCO-Weltnaturerbe wartet mit vergleichsweise leicht erreichbaren Hochplateaus und fantastischen Ausblicken für die Genießer auf und versorgt die hartgesottenen Bergziegen unter euch mit Bergspitzen wie der Hohen Gaisl und der Conturinesspitze. Wir haben es uns nach einem ausgiebigen Testtag beim Design & Innovation Award leicht gemacht und uns kurzerhand entschlossen, die ausgeprägte Gebirgslandschaft im Tour-Modus zu erkunden und dabei hoch zur Mikrobrauerei Lavarella zu pedalieren. Hier soll es ihn laut ladinischen Sagen und Mythen geben: den Balsam für die Kehle.

Unser Weg nach oben startet am Excelsior Dolomites Life Resort in St. Vigil, das schon seit Jahren unser Basecamp für den Design & Innovation Award ist. Das liegt nicht nur am Infinity-Rooftop-Pool, sondern auch an den zwei Saunalandschaften, der herausragenden Küche und den Zimmern, die mit vielen Naturmaterialien die richtige Mischung aus zurückhaltender Eleganz und Gemütlichkeit treffen. Perfekt, um nach langen Testtagen abzuschalten und zu regenerieren. Vor allem ist das Excelsior aber der ideale Ausgangspunkt, um alle Touren des Gebietes entspannt – oder bei unseren Tests auch mal ambitioniert – angehen zu lassen. Wenn ihr mal hier seid und professionelle Beratung für eure Ausflüge braucht: Hotelier und Mountainbiker Werner Call sowie sein Team haben immer den passenden Tipp parat. Egal ob ihr die Bergkulisse durchs Wandern, Klettern, Biken oder an der Zipline erkunden wollt.

Wir wollen natürlich biken und sind schon nach ein paar Kurbelumdrehungen aus der kleinen Gemeinde raus und im Pederü-Tal. Hier überqueren wir unzählige malerische Bäche und rollen entlang smaragdfarbener Seen. Auch wenn man hier nicht oft auf einen Wanderer oder Biker trifft, ist man selten alleine. Ziegen, Kühe und Pferde zieren den Wegesrand oft wie das Publikum die Straßen der Tour de France, nur eben ohne Rauchfackeln und Wohnmobile. Hier und da entdeckt man Infotafeln und Holzschnitzereien, die von den lokalen Sagen erzählen oder einem die Kultur der Ladiner näherbringen. Die Geschichten, die eine bis heute nahezu intakte und noch überschaubar besiedelte Region herausgebracht hat, führen uns über Traditionen, Brauchtümer und gastronomische Besonderheiten zur ladinischen Sprache, die heute nur noch schätzungsweise von 30.000 Menschen gesprochen wird. Im Hier und Jetzt füllen wir erst mal an einem der unzähligen Wasserläufe unsere Wasserspeicher auf und pedalieren weiter über Schotterserpentinen, die mit jeder Kurve unglaubliche Panoramen freigeben. Vereinzelt erahnt man in den Tälern und an den Hängen der Berge das 200 km lange Wegenetz für Mountainbiker und das knapp 300 km lange Wandernetz.

Das Bergpanorama entschleunigt. Obwohl wir hochfahren, kommen wir runter, werden ruhiger. Lachen uns immer wieder zu, zeigen auf atemberaubende Kulissen und grüßen vereinzelt Wanderer, deren Ziel das gleiche ist: der Weg. Nach gut drei Stunden mit etlichen Pausen und Fotostopps kommen wir oben an, genießen den Ausblick und die Ruhe. Obwohl wir eine super Zeit haben, will kaum einer ein Wort sagen, die Stille ist ein seltener Begleiter in unser aller Alltag und wir genießen sie gerade viel zu sehr. Ein kleiner Wasserlauf in der Nähe liefert die einzige Geräuschkulisse. Unweit von uns entfernt liegt unsere Interpretation der Pilgerstätte, das Rifugio Lavarella. Hier wird auf 2.050 m Höhe Bier gebraut und Wanderern sowie Bikern ein Zuhause für die Nacht geboten. Wir kehren ein, lehnen unsere Bikes im Keller an riesige Braukessel und tauschen Klickpedalschuhe gegen Birkenstock-Sandalen. Nach einer kurzen Führung von Hüttenwirt Gábor beziehen wir kleine, urige Zimmer und schlurfen über knarzenden Holzfußboden Richtung Abendessen. Während unter uns die Bikes laden, bestellen wir uns natürlich neben der gesunden Bergküche der Dolomiten ein hier selbst gebrautes Bier. Bei der Entscheidung, ob IPA, Lager Hell, Lager Dunkel oder Weizen machen wir es uns leicht und bestellen einmal alle. Wir stoßen an, lassen die Entdeckungen der Halbtagestour wirken und sinnieren über das, was eine solche Tour mit einem macht. Statusupdate auf Insta? Keine Chance, ab 22 Uhr wird hier das Internet abgestellt.

Am frühen Morgen geht es nach einem soliden Hüttenfrühstück mit leichtem Kater gen Tal. Gestern Abend wäre diese Abfahrt nach ein paar Bieren mehr als fahrlässig gewesen, obwohl wir zu dem Zeitpunkt sicherlich „fahr lässig“ verstanden hätten. Eng hintereinander surfen wir die wie Serpentinen geschwungenen Trails hinab, die uns mal über Stock und Stein, mal über kleine Kiesel vorbei an unterschiedlichsten Vegetationen und Panoramen führen. Hier und da hört man einen von uns vor Freude „Yeeha“ und „Whoop“ rufen, der Rest der Crew bestätigt die geteilte Freude mit einem Lachen. Solche Momente schweißen zusammen, ganz ohne Worte.

Die abwechslungsreichen Untergründe, die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade der Pfade und das perfekt erschlossene Wegenetz machen das Gebiet rund um den Naturpark Fanes-Sennes-Prags zum perfekten Testgelände für unseren jährlichen Award. Hier lassen sich die Unterschiede sowie Tops und Flops von Hightech-Bikes und Equipment ausgiebig testen – denn hier wird oft schnell klar, was wirkliche Innovation und was ausschließlich Marketing ist. Jedes eingereichte Produkt wird auf Herz und Nieren getestet und nur die Besten der Besten werden mit dem begehrten Design & Innovation Award ausgezeichnet.

Ihr wollt unsere Testrunde selbst einmal abrollen? Startet am besten in St. Vigil und schlängelt euch über ewig lange Trails mit Uphill-Flow inkl. Blick auf die Berge zur Pederühütte. Auf dieser Strecke haben Beginner und Pros gleichermaßen Spaß. Die Ambitionierten unter euch können sich danach auf zur Fanes- oder Lavarella-Hütte machen. Solltet ihr mit E-Bikes unterwegs sein, bleibt sportlich im Tour-Modus, denn der Weg ist in zweifacher Hinsicht atemberaubend. Auf unendlichen Serpentinen geht es über Hochplateaus vorbei am Limosee, dann am Limojoch hoch zur Fanes-Hütte auf der namensgebenden Alpe di Fanes oder etwas weiter noch zur Berghütte Lavarella. Genießt den Ausblick, selbst gebrautes Bier, die Ruhe und gutes Essen, bevor euch später eure Uphill-Anstrengungen in Singletrail-Kilometern zurückgezahlt werden.

Egal ob Overnighter, Tagestour oder kurzer Ausflug, hier wird jeder sein Glück finden und mit mindestens 10 GB neuen Fotos nach Hause reisen. Die Landschaft macht sprachlos und die Trails bringen Smiles for Miles. Kommt mal runter und entdeckt das UNESCO-Weltnaturerbe Fanes-Sennes-Prags für euch. Egal ob jung oder alt, Single oder Familie, Sonntagsfahrer oder ambitionierter Meilensammler – euch wird es an nichts fehlen! Außer vielleicht am Meerblick.

Wer sich von der sagenumwobenen Landschaft auf dem Bike überzeugen will, kann auch gerne unsere Lieblingstouren aus unserer Komoot-Collection runterladen und nachfahren.

Words & Photos: Julian Lemme